Die deutsche Bundesregierung setzt beim Klimaschutz voll auf die Elektromobilität. Das löst bei Frank Radke großes Unverständnis aus. Der Regionalleiter Nord und Referent für Schmierstoffe bei Uniti, dem Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen, befürchtet den Wegfall Hunderttausender Arbeitsplätze in Raffinerien und Werkstätten, bei Zulieferern und in anderen Bereichen. Er prognostiziert überdies eine perspektivische Überlastung des Stromnetzes.
Während eines Pressegesprächs beim Mineralölvertrieb Ludger Brämswig in Lohne, an dem neben Inhaber Michael Brämswig die stellvertretende Bürgermeisterin Elsbeth Schlärmann und der CDU-Ratsherr Frank Bruns teilnahmen, warb der Verbandsvertreter jüngst für E-Fuels als ebenfalls klimafreundliche Alternative. "Die politische Blockade muss gelöst werden. Damit die Energiewende gelingen kann, braucht es alternative Energieträger."
Aber was sind E-Fuels? Es handelt sich um synthetische Kraft- und Brennstoffe, die mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien, Wasser und CO₂ aus der Luft klimaneutral hergestellt werden. Sie sind laut Radke in Bestandsfahrzeugen nutzbar und können über das bestehende Tankstellennetz vertrieben werden. Zudem eignen sich E-Fuels prinzipiell als lager- und transportierbarer Speicher für Wind- und Sonnenenergie.
Ab 2022 will Uniti als Versuchsprojekt in Kooperation mit bundesweit 25 Mineralölhändlern – Brämswig ist einer von ihnen – an ausgewählten Tankstellen die Beimischung von E-Fuels bis zu einem Anteil von 10 Prozent zu herkömmlichem Diesel, Benzin und Co. anbieten. Damit soll unter anderem gezeigt werden, dass E-Fuels in der Praxis funktionieren.
Der Bundesverband argumentiert, dass Deutschland seinen Energiebedarf aus klimaneutralen Quellen nicht selbst decken könne – und deshalb auf den Import von erneuerbaren Energien angewiesen sei. Mit E-Fuels wäre dies wirtschaftlich und technisch möglich.
Sobald E-Fuels politisch anerkannt sind, gibt es nach Angaben von Radke genügend Länder – er nennt die Regionen Nordafrika und Südamerika –, in denen die Herstellung möglich wäre. Aus diesem Grund will Uniti ab Mitte August eine Werbekampagne für E-Fuels starten, an der sich die Firma Brämswig ebenfalls beteiligt.
Der Haken beim künstlichen Sprit: Bislang gibt es E-Fuels nur in der Theorie oder in kleinen, teuren Mengen aus Forschungs- und Pilotanlagen. Selbst ein rasanter Ausbau könnte die Lücke wohl nicht füllen. Und: E-Fuels haben einen schlechten Wirkungsgrad, da die Produktion aufwendig ist. Experten gehen in Kombination mit der höheren Effizienz des Elektromotors von einer mindestens 4-, möglicherweise sogar 6- bis 7-mal schlechteren Energiebilanz aus. So bleibt für den Designsprit am Ende vielleicht nur die Nische.
Zwar haben laut Uniti einige Studien belegt, dass die derzeit hohen Herstellungskosten für E-Fuels mittelfristig auf 1 Euro pro Liter gesenkt werden könnten. Aber zum Vergleich: Der Anteil der Produktionskosten am Preis eines Liters Benzins liegt aktuell bei rund 44 Cent. Die Verbraucherpreise werden also voraussichtlich immer deutlich über dem aktuellen Niveau konventioneller Kraftstoffe liegen.
Michael Brämswig ist trotzdem von E-Fuels überzeugt. Er sagte: "Ich sehe in synthetischen Kraftstoffen eine Zukunft für Tankstellen – es ist schließlich auch meine Zukunft." Der Energiebedarf weltweit steige. Das sei nicht wegzudiskutieren.
Der Lohner, der die Firma mit seinem Vater Ludger Brämswig führt, bemüht sich um Nachhaltigkeit. So wird demnächst eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tankstelle an der Daimlerstraße installiert. "Dann produzieren wir unseren Strom mehr oder weniger klimaneutral." Auch eine E-Ladesäule mit Speicher soll auf dem Betriebsgelände bald Einzug halten.
Schlärmann befürwortete Bemühungen Brämswigs. "Wir können stolz darauf sein, dass wir vor Ort eine Unternehmerfamilie haben, die in die Zukunft blickt." Bruns, der als Entwickler in der Automobilbranche arbeitet, stellte Radke einige kritische Nachfragen. So seien es doch wohl eher die Mineralölkonzerne, die E-Fuels verhinderten. "Wenn etwas zukunftsfähig ist, glaube ich nicht, dass jemand dagegen wäre", entgegnete der Verbandsvertreter.
Quelle: OM-Medien vom 12.07.2021